#11 Asthma ist nicht gleich Asthma

Shownotes

Asthma-Know-How: In dieser Folge ATMUNGSaktiv, der Asthma-Podcast, besucht unsere Moderatorin Katharina einen besonderen Gast in Mainz: Prof. Dr. Stephanie Korn, die aufmerksame Zuhörer*innen bereits aus den Folgen #1 und #2 unseres Podcasts kennen. Gemeinsam tauchen sie in die Welt der Asthma-Behandlung ein, erklären, was eigentlich hinter schwerem Asthma steckt und welche Rolle das Therapieschema, Bedarfs- und Dauermedikation sowie Biologika dabei spielen. Neugierig geworden? Dann höre jetzt rein und erfahre mehr über die verschiedenen Behandlungsoptionen der Erkrankung!

Abonniere jetzt diesen Podcast, um keine Folge mehr zu verpassen. Fragen, Anregungen oder Kritik? Wir hören zu, schickt uns einfach eine Nachricht auf service@aktiv-mit-schwerem-asthma.de. Mehr Infos zum Leben mit Asthma auf Asthma-aktivisten.de

Der Podcast wird von Sanofi produziert.

MAT-DE-2303158-1.0-07/2023.

Transkript anzeigen

ATMUNGSAKTIV, DER ASTHMA-PODCAST

Transkript Folge 11

Moderation: Hallo und herzlich willkommen bei Atmungsaktiv, dem Asthma Podcast. Ich bin Katharina und ich bin heute zu Besuch bei einer Person, die ihr vielleicht schon kennt, wenn ihr Atmungsaktiv schon länger hört. Schon aus unserer ersten Folge zum Beispiel mit dem Titel „Wie Sonnenbrand in der Lunge“, oder auch aus unserer zweiten Folge, wo wir die Lunge wortwörtlich unter die Lupe genommen haben. Herzlich willkommen, Professor Korn! Schön, dass ich wieder bei Ihnen sein darf.

Prof. Dr. Korn: Hallo, ich freue mich auch total!

Moderation: Sehr schön! Viele kennen Sie vielleicht schon aus unserem Podcast. Für alle anderen, möchten Sie sich ganz kurz vorstellen?

Prof. Dr. Korn: Ja, mache ich natürlich gerne. Mein Name ist Stephanie Korn, ich arbeite im Bereich der Lungenheilkunde. Ich leite eine große Ambulanz für Asthma-Patienten in Heidelberg und außerdem noch ein Forschungsinstitut in Mainz, wo wir uns mit allen relevanten Sachen für Asthma beschäftigen.

Moderation: Super, und mit diesen Dingen möchten wir uns auch heute im Podcast wieder mit Ihnen beschäftigen. Wir haben mit Ihnen, Frau Professor Korn, schon, ja, Atmungsaktiv gestartet tatsächlich, unseren Podcast, mit den ersten beiden Folgen, und schon in der allerersten Folge, da haben wir von Ihnen Einiges erfahren. Zum Beispiel, dass in Deutschland rund vier Millionen Menschen mit Asthma leben, also jeder zwanzigste Erwachsene und jedes zehnte Kind. Das ist eine große Menge. Aber Asthma ist eben auch nicht gleich Asthma. Es gibt unterschiedliche Schweregrade von Asthma, und in dieser Folge, da wollen wir konkret gemeinsam über schweres Asthma reden, denn 5 bis 10 Prozent der Menschen mit Asthma sind von dieser Form betroffen. Ab welchem Punkt sprechen Ärzt*innen denn überhaupt von schwerem Asthma? Können Sie uns da Näheres darüber erzählen, Frau Professor Korn?

Prof. Dr. Korn: Das fängt im Prinzip dann an, wenn die Patienten eine gewisse Therapie haben, meistens schon eine recht hohe Therapie und trotzdem noch Beschwerden über den Tag haben, eingeschränkt sind, nicht alles machen können, was eben Gleichaltrige auch machen, bis hin dazu, dass sie zum Beispiel immer mal wieder Verschlechterungen haben, Infekte, sie so hinlegen, dass sie da zusätzliche Medikamente bis hin zu Kortisontabletten nehmen müssen und sie einfach nicht so am alltäglichen Leben teilhaben können, wie das eben sonst Gleichaltrige machen. Dann fängt es schon an, dass wir sagen, die Patienten haben schweres Asthma.

Moderation: Da geht es also schon los. Nun geht es bei vielen Betroffenen eben auch nicht plötzlich los mit schwerem Asthma, sondern es baut sich vielleicht schleichend auf, oder es beginnt schleichend. Wann beziehungsweise bei welchen Symptomen sollten Betroffene denn einen Termin bei einem Lungenfacharzt oder einer Lungenfachärztin vereinbaren? Was sagen Sie da?

Prof. Dr. Korn: Das ist richtig, wenn das schleichend ist, ist das ganz schwierig, weil man so peu à peu einfach das Leben anpasst und das gar nicht merkt, dass es immer schlechter wird. Aber es gibt so ein paar Dinge, wenn man schon eine sehr hohe Dosis an Therapie hat, zum Beispiel an inhalativen Medikamenten. Wenn man einmal im Jahr Kortisontabletten braucht oder öfter natürlich, wenn man doch deutlich eingeschränkt ist im Alltag, dann lohnt sich das auf jeden Fall, dass man mal zum Lungenfacharzt geht.

Moderation: Ja, mit einem Mal hingehen ist es meistens nicht getan. Kontrolltermine sind auch oftmals ratsam und auch sehr hilfreich und wichtig, um das Asthma eben im Blick zu behalten. Wir kennen es aber alle. Wir gehen mal zum Arzt, zur Ärztin, und dann vergessen wir auch mal wieder den Folgetermin auszumachen und so weiter, und lassen es vielleicht auch mal schleifen. Warum sind denn regelmäßige Termine beim Lungenfacharzt, bei der Lungenfachärztin, gerade für Menschen mit schwerem Asthma so wichtig und so relevant?

Prof. Dr. Korn: Das ist ein bisschen wie beim Essen kochen. Wir wollen ja am Ende wirklich das Beste rausholen, und wenn Sie jetzt ein Essen würzen, würzen Sie auch ein bisschen, probieren, würzen nochmal ein bisschen, das nächste Mal sagen Sie, vielleicht nehme ich doch ein bisschen weniger Salz, und so machen wir das auch. Wir fangen quasi mit zusätzlichen Therapien an, und wir wollen natürlich schauen, hat das was gebracht oder müssen wir nochmal nachjustieren? Weil am Ende wollen wir eigentlich einen Patienten, der rausgeht und der wieder viel mehr am Leben teilhaben kann, und das können wir nur, wenn wir auch das Feedback von dem Patienten kriegen. Was hat funktioniert, was sollten wir weitermachen und wo sollen wir was ändern? Und deshalb ist es so wichtig, dass wir die Patienten auch immer wieder in regelmäßigen Abständen sehen.

Moderation: Wie häufig ist denn ein solches Feedback ratsam, gerade beim schweren Asthma, vielleicht auch in Abgrenzung zu leichteren Formen? Wie oft wäre es da sinnvoll zu sagen: Okay, ich mache wieder einen Termin aus?

Prof. Dr. Korn: Wir versuchen schon bei den schweren Asthma-Patienten, dass wir die so einmal im Quartal, alle vier bis sechs Monate, eben sehen, damit wir die auch wirklich gut unter Kontrolle haben und wenn sich doch was verändert, gerade wenn sich was verschlechtert, dass wir eben frühzeitig auch eingreifen können.

Moderation: Hm. Nun war es ja in Zeiten der, ja, der Covid-Pandemie, der Corona- Pandemie, nicht immer so einfach, Arztbesuche, Ärztinnenbesuche wahrzunehmen, und all das. Haben Sie in der Zeit beobachtet, dass sich vielleicht so eine Art Praxisscheu oder sowas entwickelt hat? Wie war das in der Zeit? Wie haben Sie das erlebt?

Prof. Dr. Korn: Wir haben viele Patienten natürlich trainiert, dass sie, gerade wenn es ihnen schlechter geht oder so, auch so ein bisschen sich selbst helfen können. Was macht man in so einer Situation? Weil viele wollten natürlich nicht gehen, nicht weil sie uns als Ärzte nicht sehen wollten, sondern aus Angst, dass sie sich irgendwie etwas anderes, wie zum Beispiel Covid einfangen, und sind dann nicht gekommen. Das kann ich komplett nachvollziehen. Ich wollte auch nicht irgendwo hingehen, wo viele kranke Menschen sind, und wenn man schon eine Grunderkrankung hat, erst recht nicht. Das hat sich zum Glück ein bisschen gelegt, jetzt, wo wir Covid doch ein bisschen hinter uns gelassen haben, dass die Patienten auch wieder den Arzt aufsuchen.

Moderation: Nun sind die Termine in der Praxis auch wichtig, um sich die Medikation auch mal anzuschauen und zu gucken, eventuell muss die medikamentöse Therapie auch mal wieder angepasst werden, und all das. Nun ist Asthma eine chronische Erkrankung, wie wir schon wissen. Es gibt bislang keine Heilung, aber die Erkrankung ist gut behandelbar. Vielleicht schauen wir uns mal an, welche Behandlungsmöglichkeiten beziehungsweise welche Therapie eignet sich denn für welchen Patienten und welche Patientin? Was gibt's denn da für Richtlinien für Sie auch?

Prof. Dr. Korn: Das Schöne ist, dass im Asthma-Bereich unheimlich viel passiert. Das heißt, wir haben sehr viele verschiedene Medikamente und wir fangen eigentlich immer an mit dem Einfachsten. Die Lunge ist mit das einzige Organ, was wir haben, was eine Verbindung zur Außenwelt hat. Also können wir die von außen erreichen, und das heißt, wir können sehr gut therapieren mit verschiedenen Sprays. Die Patienten atmen die Medikamente quasi ein und die wirken nur in der Lunge. Und so fängt man auch an. Ganz einfach, wenn es sehr leicht ist, nimmt man nur was bei Bedarf. Wenn das nicht mehr ausreicht, dann nimmt man was regelmäßig, sprich morgens und abends oder nur morgens. Das kommt auf das Medikament drauf an, wie lange das wirkt, und wenn das auch nicht ausreicht, dann steigert man noch die Dosis, nimmt vielleicht noch ein anderes Spray mit dazu, und erst wenn das nicht funktioniert, dann müssen wir wirklich überlegen, was wir für ganz spezielle Therapien haben. Wir sagen, wir arbeiten da so ein bisschen nach einem Stufenschema. Da gibt es für uns Leitlinien, nach denen wir vorgehen und tun quasi immer von einer Stufe auf die nächste springen, wenn wir merken, das reicht nicht aus, der Patient ist immer noch eingeschränkt.

Moderation: Gehen wir jetzt mal weiter zu den Medikamenten im Rahmen dieser, ja, Stufen, die Sie jetzt so beschrieben haben. Welche Arten von Medikamenten werden denn zur Therapie eingesetzt? Was gibt es denn da?

Prof. Dr. Korn: Also als Basis fangen wir an, Asthma ist eine entzündliche Erkrankung. Das hatten wir in dem anderen Podcast schon, und das heißt, in erster Linie müssen wir die Entzündung behandeln, und ich glaube, das wissen wir alle, auch alle, die zuhören. Das beste antientzündliche Medikament ist Kortison, und wir nehmen für die Asthmatherapie das Kortison zum Inhalieren. Das ist deutlich besser als jedes Kortison, was man schluckt, weil es einfach nur in die Lunge geht und dort lokal wirkt. Das ist so die Basis der Therapie. Jeder Asthma-Patient sollte ein inhalierbares Kortison haben. Wenn das nicht ausreicht, dann versuchen wir noch die Beschwerden zu behandeln. Die Asthmatiker haben enge Bronchien, das heißt, wir geben Sprays, die, die Bronchien weit machen und an bestimmten Rezeptoren ansetzen und dadurch eben dafür sorgen, dass die Bronchien weiter werden und man besser Luft bekommt. Das sind so die Basismedikamente. Es gibt da noch bestimmte andere Medikamente, die auch noch ins Asthma-Geschehen eingreifen, aber das inhalierbare Kortison und die Bronchien-erweiternden Sprays, das ist eigentlich so das A und O, was wir für die Asthmatherapie brauchen.

Moderation: Können Sie uns Näheres dazu sagen, was es gibt, was es für einen Unterschied gibt zwischen Bedarfs- und Dauermedikamenten? Wie sieht das aus?

Prof. Dr. Korn: Bedarfsmedikament heißt eigentlich, dass man die immer nur nimmt, wenn man irgendwie Beschwerden hat. Wenn man das aber mehr als zwei- bis dreimal die Woche braucht, also sprich, wenn einer kommt und sagt, ja, so jeden Tag sprühe ich das schon dreimal, dann sollte man nicht mehr nur Bedarfs-Spray nehmen. Das ist wirklich für die, die fast nie was brauchen. Da sagt man, bei Bedarf. Bei Dauertherapie gucken wir, dass wir diese Sprays, das sind im Prinzip schon etwa die gleichen, ansetzen und sagen, die müssen regelmäßig morgens und abends genommen werden, wenn sie zwölf Stunden wirken, wenn man ein Medikament hat, was 24 Stunden wirkt, dann reicht das, wenn man es einmal am Tag nimmt.

Moderation: Welche medizinischen Folgen können denn durch unbehandeltes beziehungsweise nicht ausreichend behandeltes Asthma entstehen?

Prof. Dr. Korn: Das Asthma kann sich eben über die Zeit immer weiter verschlechtern. Man ist immer mehr eingeschränkt, die Lunge wird nicht mehr so gut belüftet und so weiter. Also, das kann schon Langzeitschäden auch mit sich führen, vor allem, weil man einfach immer, immer, immer schlechter wird. Wenn sich dann noch ein Infekt obendrauf setzt, das zieht einen dann richtig runter, und wenn man dann erst mal da angelangt ist, dass es wirklich richtig schlecht ist, dann hat das plötzlich Folgen für das ganze Leben. Man kann nicht mehr aus dem Haus gehen, man kann nicht mehr arbeiten gehen. Das sind dann alles so diese sekundären Folgen, die wollen wir natürlich nicht haben.

Moderation: Ja, welche Auswirkungen können sich denn, ja an der Lunge zeigen, wenn Asthma oder schweres Asthma vor allem nicht behandelt wird?

Prof. Dr. Korn: Die Bronchien sind eben eng. Das führt auch irgendwann zum Umbau des Gewebes, dass man halt auch die Bronchien irgendwann nicht mehr wirklich so gut aufbekommt wie initial, wenn man das Asthma halt eben noch recht gut behandeln kann.

Moderation: Wir hatten ja schon darüber gesprochen, dass Asthma und schweres Asthma eben eine chronische Erkrankung ist, die nicht heilbar ist. Was ist denn das Ziel der Therapie?

Prof. Dr. Korn: Man könnte jetzt ganz einfach sagen, das Ziel der Therapie ist, dass die Patienten ihre Medikamente nehmen und von ihrem Asthma nichts mehr merken. Das wäre natürlich toll, dass sie quasi sich wie ein gesunder Mensch fühlen und alles machen können. Wir sagen natürlich nicht, wir machen den Patienten gesund, wir nehmen ein Maß dafür. Das heißt bei uns die Asthmakontrolle. Wie gut haben Sie Ihr Asthma unter Kontrolle? Das kann man mit bestimmten Fragebögen erfragen. Da werden aber Sachen gefragt, haben die Patienten noch Symptome am Tag, wachen die nachts auf, wie oft müssen sie ein Spray zusätzlich nehmen und so weiter? Und wenn das alles quasi super ist, dann haben wir eine tolle Asthmakontrolle, und das ist erstmal unser Ziel.

Moderation: Das ist dann das Zie, ja. Wir haben jetzt viel über Inhalation gesprochen und Medikamente, die inhaliert werden. Gibt es denn noch andere Asthma-Medikamente beziehungsweise andere Formen von Asthma-Medikamenten, die nicht inhaliert werden, zum Beispiel Tabletten. Ja, was gibt es denn da noch?

Prof. Dr. Korn: Es gibt auch Tabletten, die häufig auch bei Kindern eingesetzt werden. Die haben einen komplizierten Namen, heißen Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten. Die kann man auch geben, die sind eher so für leichtes bis moderates Asthma. Die haben auch dementsprechend einen mäßigen Effekt. Das versucht man mal. Wer heilt hat Recht, wenn es funktioniert, darf der Patient das weiter behalten. Wenn nicht, würde man es auch wieder absetzen, und dann, wenn das nicht ausreicht, dann sind wir natürlich wirklich im Bereich, wo wir vorhin angefangen haben. Schweres Asthma, da haben wir sehr spezielle Medikamente.

Moderation: Wie sehen die aus? Was sind das für spezielle Medikamente?

Prof. Dr. Korn: Also, lange Zeit, als wir die noch nicht hatten, haben wir Kortisontabletten den Patienten gegeben. Das will man heute nicht mehr, weil es sehr viele Nebenwirkungen macht, und wir haben viel, viel Bessere jetzt, das sind Antikörper, die sind künstlich hergestellt, wir nennen die Biologika, und das sind quasi Eiweißmoleküle, die gegen bestimmte Zielstrukturen gerichtet sind, die man quasi für das schwere Asthma verantwortlich macht.

Moderation: Das klingt interessant. Sie sagen jetzt für das schwere Asthma, das heißt, konkret geht es bei Biologika, beziehungsweise werden Biologika eingesetzt bei schwerem Asthma und nicht bei leichteren Formen. Das ist richtig?

Prof. Dr. Korn: Das ist komplett richtig, und da gibt es auch zwei ganz einfache Gründe. Das eine ist, die Patienten mit leichtem bis moderatem Asthma bekommen wir mit den Sprays in aller Regel super gut hin, das heißt, die brauchen das gar nicht, und erst bei den schweren kommen die zum Einsatz. Und das zweite ist, das ist sehr aufwendig, die herzustellen. Die sind sehr zielgerichtet, dass sie eben diesen Patienten mit schwerem Asthma dann am Ende auch vorbehalten bleiben.

Moderation: Für Patient*innen, die eben Biologika als Therapieoptionen haben, was für Bedingungen bringen denn diese Patient*innen mit? Was müssen sie vorweisen, aufweisen im Rahmen ihrer, ihrer chronischen Erkrankung, dass, ja, sie sich eignen für eine Therapie mit Biologika?

Prof. Dr. Korn: Das Wichtigste, was wir rauskriegen müssen, ist, dass sie wirklich ein schweres Asthma haben. Also das ist erst mal die Voraussetzung. Das ist gar nicht so trivial, wie sich das anhört, auch nicht mit dem Patienten-Beispiel, was ich vorher erzählt habe. Weil es gibt so viele Faktoren, die damit reinspielen, zum Beispiel bei den Allergikern, dass sie zum Beispiel, wenn sie gegen die Katze allergisch sind, immer noch die Katze im Haus haben. Dann wird das schon ganz schwierig rauszufiltern, woran es liegt. Dann gibt es natürlich Begleiterkrankungen wie Nasenpolypen oder so, die auch so eine ganz, so Asthma auch deutlich schwerer erscheinen lassen können. Das heißt wir müssen erst mal gucken, ist wirklich die Hauptursache, dass es dem Patienten nicht so gut geht, wirklich das Asthma? Ist das schwer? Hat er eine hohe Dosis an Therapie und ist der wirklich eingeschränkt auch in seinem normalen Leben?

Moderation: Wir haben ja jetzt Einiges schon erfahren und unterscheiden können: leichtes Asthma, schweres Asthma, ja, kontrolliertes Asthma, teilweise kontrolliert oder eben auch unkontrolliertes Asthma. Wenn wir uns nochmal, Sie haben es eben schon noch mal angesprochen, dieses Beispiel vom Anfang, den Patienten vom Anfang nochmal anschauen, den Sie so skizziert haben, welche Auswirkungen ganz konkret auf den Alltag hat denn das schwere Asthma für diese Person? Welchen, ja, Effekt hat das schwere Asthma auf seinen Alltag und sein Leben?

Prof. Dr. Korn: Das ist von Patient zu Patient tatsächlich sehr individuell. Aber wenn man sich zum Beispiel vorstellt, dass die Patienten nicht mehr aktiv am Leben teilhaben können, dann bedeutet das, dass sie sich nach und nach einfach sehr isolieren. Es gibt Patienten, die sagen, ich kann nicht mehr rausgehen, ich kann mit meiner Gruppe nicht mehr mit wandern gehen, weil ich einfach nicht mehr mitkomme. Es gibt Patienten, die sagen, ich kann nicht mehr ins Kino, ins Theater gehen, ich habe so ein Husten. Das stört die Leute. Bis hin, dass Patienten sagen, ich fehle so oft auf meiner Arbeit, ich riskiere, dass ich meinen Arbeitsplatz verliere, einfach weil ich nicht mehr da sein kann. Und in der ganz schweren Form haben wir tatsächlich Patienten, ich kann mich an eine sehr gut erinnern, die hat gesagt, sie hat sich Windeln gekauft, weil der Weg von der Couch zur Toilette, sie ist so außer Atem gekommen, dass sie so lange brauchte, dass sie es nicht geschafft hat, auf Toilette zu kommen. Also das heißt, da ist eine ganze Bandbreite, und die Einschränkung für den einzelnen Patienten kann wirklich sehr individuell sein.

Moderation: Ja, und Sie beschreiben ja tatsächlich Einschränkungen, konkrete Einschränkungen im Alltag und auch eine psychische Belastung, die daraus erwächst, richtig?

Prof. Dr. Korn: Das ist richtig. Also es gibt viele Patienten, die wirklich sehr darunter zu leiden haben, die dann auch sehr schnell hören: „Ihr Asthma ist ja psychisch“. Da muss ich mal ehrlich sagen, ja, das wäre meins irgendwann auch, wenn ich so eingeschränkt wäre. Ich finde, man kann das sehr nachvollziehen, wenn man wirklich so eingeschränkt ist, wenn man sagt, man kann einfach diese normalen Sachen nicht mehr machen. Die Freunde treffen sich, man unternimmt was, man geht nur ein bisschen am Rhein entlang, und man ist immer der letzte und kommt nicht mit. Man sagt immer so leicht: „Sie müssen Sport treiben“. Ich habe mal einen gehabt, der stand vor mir, hat gesagt: „Machen Sie mal Sport im Fitnessstudio mit all den sportlich durchtrainierten Leuten, und Sie hängen da, und wenn Sie die zweite Hantel heben, da keuchen Sie wie sonst was, da haben Sie keinen Spaß mehr, da gehen Sie lieber, weil die Leute gucken Sie auch blöd an“. Also, ich glaube, das kann man schon nachvollziehen, und so zieht man sich Schritt für Schritt mehr zurück, und dass das psychisch belastend ist, kann man glaube ich komplett nachvollziehen.

Moderation: Absolut. Umso mehr interessiert mich jetzt so gegen Ende des Gesprächs auch, welche positive Botschaft Sie allen Betroffenen mitgeben können. Wir haben es gehört. Es gibt viele Auswirkungen, auch viele schwerwiegende Auswirkungen im Alltag bei schwerem Asthma. Aber welche positive Botschaft können Sie denn aus Ihrer Praxis heraus mitgeben?

Prof. Dr. Korn: Das ist tatsächlich das Schöne am schweren Asthma, wenn wir erst die ganzen Patienten sehen, die uns wirklich immer sehr individuell die Einschränkungen erzählen, sehr frustriert sind, oft auch vor uns sitzen und glauben, man kann ihnen sowieso nicht mehr helfen. Manche sagen sogar, ich weiß gar nicht, was ich hier soll, aber jetzt bin ich halt mal da. Und mit diesen neuen Medikamenten muss man wirklich sagen, wir haben die Möglichkeit, den Patienten ein neues Leben zu schenken, und ich habe nicht wenig Patienten, die plötzlich wiederkommen und sagen, nach 20 Jahren bin ich das erste Mal wieder Berge klettern gewesen, und am Montag hatte ich gerade einen Patienten gehabt: „Sie können sich nicht vorstellen, ich spüre nach 20 Jahren, wie wieder Luft in meine Lunge reingeht“. Also, wir haben Patienten, die vor uns sitzen und sagen, es fühlt sich an wie Weihnachten, Geburtstag und Ostern an Einem, und das ist wirklich das Schöne an unserem Beruf und hier speziell wirklich beim schweren Asthma, dass wir das jetzt ermöglichen können.

Moderation: Ja, das ist auf jeden Fall eine sehr mutmachende und motivierende Botschaft. Vielen, vielen Dank dafür und natürlich auch für die vielen, vielen Informationen, Frau Professor Korn. Ganz, ganz herzlichen Dank, und auch für die erneute Einladung. Da war doch wirklich sehr, sehr viel Wissenswertes dabei. In diesem Fall ging es eben ums schwere Asthma, wo wir jetzt den Akzent drauf gesetzt haben in dieser Folge. Ganz, ganz herzlichen Dank dafür!

Prof. Dr. Korn: Sehr gerne.

Moderation: Ja, und noch mehr Infos und Wissenswertes findet ihr auf asthma-aktivisten.de und mit Fragen oder Feedback zu dieser Folge und unserem Podcast, da meldet euch gerne per E-Mail bei uns. Die Adresse, die findet ihr wie immer in der Beschreibung. Ja, das war eine neue Folge Atmungsaktiv, der Asthma-Podcast. Danke, dass ihr zugehört habt, und ich hoffe, wir hören uns zur nächsten Folge wieder. Bis dahin!

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.